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Die Umsetzung des Batteriepass mit Catena-X und der Verwaltungsschale

Christian Völl
29. Okt. 2024

Der European Green Deal ist eine der größten Umweltverordnungen der EU in den letzten Jahren. Im Visier ist auch die Fertigung und der Betrieb von größeren Batterien. Die jüngste EU-Verordnung zu Batterien verlangt von den Betreibern industrieller- oder Fahrzeugbatterien einen sogenannten „Battery Passport“ oder kurz „Battery Pass“.

Für stationäre Batterien über 2 kWh, so wie für alle Batterien von Elektrofahrzeugen im europäischen Markt unabhängig vom Herkunftsland müssen über 100 statische und dynamische Datenpunkte veröffentlicht werden. Die betroffenen Unternehmen haben also derzeit die Herausforderung, wie sie die Informationen während der Fertigung und Nutzung erfassen und bereitstellen.

Digital Twin Quo Vadis

Ein kritischer Faktor ist dabei die Skalierung über verschiedene Unternehmensgrenzen hinweg, aber auch die einfache Erfassung, Beschreibung und Bereitstellung der Daten. Diese Ziele wurden in den letzten Jahren auch durch „Digital Twin“ Lösungen adressiert.

Das Interesse an Digitalen Zwillingen nimmt zu. Seit 2021 sind die Mitglieder der IDTA (Industrial Digital Twin Association) fast um den Faktor vier gestiegen. Diese Mitglieder arbeiten gemeinsam daran, die Umsetzung und Verbreitung zu verbessern. Bosch hat bereits eine skalierbare Lösung entwickelt und im Markt platziert. Dort sind bereits 300 Mio. Digitale Zwillinge bis April 2024 registriert.

Einen weiteren Indikator bieten Microsoft und Amazon. Sie haben das Potential von Digital Twin Software-as-a-Service Lösungen erkannt und bieten eine Lösung mit geringer Investitionssumme (Q1). Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit aus Kostengründen nicht in eine eigene Plattform investiert. Business Cases sind schwer zu kalkulieren, insbesondere auf der Einnahmenseite. Der Digitale Zwilling kommt erst bei mehreren Anwendungsfällen zum Tragen und daher ist der Nutzen durch viele Annahmen geprägt.

Der Datenaustausch ist zum Nachweis der Nachhaltigkeit und Lieferkette unerlässlich

Doch der Bedarf an einem gemeinsamen Datenaustauschstandard zwischen OEMs und Zulieferern wurde bereits vor Jahren mit der Gründung der Catena-X-Initiative erkannt. Mit den Anforderungen zum CO2-Fußabdruck und dem Batteriepass sind die Anwendungsfälle nun da. Die Frage ist also nicht, wer in Zukunft Digitale Zwillinge einsetzen wird, sondern welcher Standard sich durchsetzt. Dies bringt uns zurück zum Beispiel des Batteriepasses.

Welcher Standard wird sich durchsetzen?

Der Marktführer im Elektrofahrzeugmarkt wird bestimmen, welcher Standard sich für den Batteriepass und seine Technologie durchsetzen wird. Die Frage ist: Welcher OEM oder welche Partner-OEMs werden den Elektrofahrzeugmarkt in Europa anführen? China kann der dominierende Marktführer für Elektrofahrzeuge werden, was das Volumen angeht. Catena-X wird derzeit hauptsächlich von den deutschen OEMs vorangetrieben. Die Frage ist also: Welche Lösung wird bei der Einführung des Batteriepasses vorne dabei sein? Etwas, das von deutschen OEMs entwickelt und bevorzugt wird, wie zum Beispiel die Asset Administration Shell und Catena-X, oder werden chinesische OEMs ihren eigenen Standard einbringen? Schließlich existieren in den führenden Fahrzeugmärkten USA und China ähnliche Anforderungen. Zu Beginn könnten auch mehrere Standards erfolgreich sein, die untereinander kompatibel sind.

Digital Continuity mit Gaia-X gewährleisten

Sonali Guddekoppa Nagendra betont: „Um Digitale Zwillinge effizienter nutzen zu können, müssen wir sie auf den Markt skalieren und sicherstellen, dass die Daten innerhalb und zwischen den Unternehmen ausgetauscht werden, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen“. Capgemini fasst dies unter dem Begriff Digital Continuity zusammen. Das verlangt integrierte Stammdaten über alle Bereiche im Unternehmen hinweg und den Übergang von isolierten Systemen mit Standardschnittstellen hin zu einem Netzwerk von standardisierten Daten. Diesen Ansatz verfolgen die zahlreichen Gaia-X Projekte. Das Ergebnis sind nahtlose Prozesse und ein kohärentes Produktmodell. Die Echtzeitdaten müssen von jeder Produktinstanz in dieses Datennetzwerk integriert und semantisch beschrieben werden, damit sie auffindbar sind.

Beispiel einer Batteriepass Lösung

Exemplarische Darstellung einer skalierbaren Batteriepass-Lösung über Catena-X und Asset Administration Shell

Das Schaubild zeigt auf, wie der Datenfluss innerhalb und zwischen den Unternehmen hergestellt werden. Der OEM sammelt dynamische Daten von dem Elektrofahrzeug. Dazu reichert die Asset Adminstration Shell (AAS) Datenpunkte von den Sensoren mit semantischen Informationen an. Diese Informationen basieren auf den Teilmodellen aus den Arbeitsgruppen der IDTA. Jede Batterie wird registriert und kann über die AAS-ID gefunden werden. Die Daten werden dann über den Catena-X Eclipse Dataspace Connector ausgetauscht. Jeder mit berechtigtem Zugriff kann diese Daten abrufen. Die Daten werden von den Lieferanten während der Wertschöpfung im Netzwerk zur Verfügung gestellt, z.B. durch Produktionsprozesse der Module oder durch den Rohstoffabbau. Letztendlich muss der Hersteller die Daten zur Verfügung stellen und die Batterie bei der Kommission registrieren. Die Arbeiten zu dieser Lösung haben bereits bei Capgemini begonnen und erste Tests sind erfolgreich.

Ist ein Netzwerk erst etabliert, dienen die Daten als Vermögenswert und können weiter monetarisiert werden. Ein Anwendungsfall wird in diesem Artikel beschrieben.

Offene Datenökosysteme sind der Schlüssel zum Erfolg

Digital Continuity ist für die Umsetzung für den Batteriepass als auch für digitale Zwillinge unerlässlich. Der Batteriepass erfordert eine gemeinsame Zusammenarbeit nicht nur von OEMs, sondern auch der gesamten Lieferkette. Die Skalierbarkeit kann mit Lösungen, wie Catena-X oder Asset Administration Shell erreicht werden. Darüber hinaus gibt zahlreiche weitere Anwendungsfälle, die mit einer robusten Infrastruktur realisierbar werden. Diese Skalierbarkeit ist nicht auf eine einzelne Branche beschränkt, sondern kann sich über mehrere Sektoren erstrecken. Fest steht, dass offene Datenökosysteme die Welt, wie wir mit Produkten interagieren entscheidend verändern werden.

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Autoren

Christian Völl

Managing Business Analyst
Christian Völl ist Managing Business Analyst und leitet Projekte mit Fokus auf Automobil-, Verteidigungs- und Transportbranche.

Sonali Guddekoppa Nagendra

Business Analyst
Sonali Guddekoppa Nagendra ist Business Analyst im Bereich Digital Manufacturing bei Capgemini.