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Power Purchase Agreements – Worauf Energieversorger und betriebliche Stromabnehmer achten müssen

Maximilian Hübsch
06.12.2023
capgemini-invent

Die wachsende Bedeutung von PPAs in Deutschland und Europa

Um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und sich vor Preisvolatilitäten auf den Energiemärkten zu schützen, schließen immer mehr betriebliche Stromabnehmer in ganz Europa Corporate Power Purchase Agreements (CPPAs) ab. Hierbei handelt es sich um Verträge zwischen Stromerzeugern und -verbrauchern zur langfristigen Sicherstellung der Versorgung mit grünem Strom.


Auch Energieversorgungs- und -handelsunternehmen schließen aufgrund wirtschaftlicher und vornehmlich nachhaltiger Erwägungen immer häufiger mit Betreibern von Energieerzeugungsanlagen sogenannte Merchant PPAs ab. Hierbei treten die Energieunternehmen als Käufer von Strom auf, den sie wiederum an ihre Kunden weiterverkaufen.

Abbildung 1: Quartärliche Entwicklung der über Corporate PPAs jährlich gelieferten Strommenge in Deutschland

Anforderungen an die Implementierung von PPAs

Für eine erfolgreiche und reibungslose Implementierung von Merchant und Corporate PPA bis zum operativen Tagesgeschäft bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtungsweise. Verschiedene Verantwortlichkeiten müssen zur Vorbereitung des Vertragsabschlusses und während der gesamten Vertragslaufzeit eingebunden werden. Sowohl Prozesse als auch Systeme müssen für die Bearbeitung, Bewertung und Abwicklung solcher Verträge vorbereitet werden.

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über diese Aktivitäten, die entsprechenden Verantwortlichkeiten und betroffenen Systeme am Beispiel von Merchant PPA:

TätigkeitsbereichAktivitätVerantwortliche AbteilungenBetroffene
Systeme
Wirtschaftlichkeit und rechtliche FragenWirtschaftlichkeitsbewertungenProcurement/
Klärung rechtlicher RahmenbedingungenProcurement
(Support: Legal)
/
Anbieterauswahl &
Vertrags-
verhandlungen
Anbieterscreening, -auswahl und KontaktaufnahmeProcurement (Support: Risk & Compliance, Legal)/
VertragsverhandlungenProcurement
(Support: Legal)
/
Vertragsabschluss,
-erfassung und
-management
Counterparty EngagementTrading Front
Office
CRM-, ggf. SRM
Vertragserfassung und
-verwaltung
Trading Front & Back Office
(Support: IT, ggf.
Change Mgmt)
Contract
Management System
Risk und
Performance Management
Berücksichtigung des Vertrages im Performance Reporting (PnL im EoD, EoM), im Trade Reporting und ggf. Collateral ManagementTrading Middle
Office
ETRM-
System, Marktdaten-system
Zertifikats-managementEntgegennehmen & Verwalten von
Grünstromzertifikaten
Trading Back
Office
ETRM-
System
Vertragsabwicklung und -abrechnungBelieferungsmonitoring und LeistungsmessungTrading Back
Office
EDM-System
MarktkommunkationTrading Back
Office
MaKo-System
Rechnungs– und Zahlungsmanagement, UmsatzbuchhaltungTrading
Back Office/
Rechnungswesen
Billing-
System
Falls zutreffend: Bilanzkreis- und FahrplanmanagementTrading Back OfficeBKM- und FPM-System
Abbildung 2: Erforderliche Tätigkeiten und betroffene Systeme und Verantwortlichkeiten bei der Implementierung von Merchant PPA

Beispielsweise sind initiale Wirtschaftlichkeitsbewertungen (z.B. über Kapitalwert- und Sensitivitätsanalysen) essenziell, um zu klären, ob die Strombeschaffung über PPAs im jeweiligen Unternehmenskontext ökonomisch sinnvoll ist. Faktoren wie Art der Erzeugungstechnologie, Anlagenkapazität und Annahmen über die Produktionsstabilität der betrachteten Anlagen sollten hierbei berücksichtigt werden.

Neben dem wirtschaftlichen Handlungsrahmen müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen PPA-Abschluss geklärt werden. Beispielsweise können energierechtliche Informations- und Meldepflichten nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) oder der EU-Verordnung REMIT (Verordnung (EU) Nr. 1227/2011) bestehen.

Nach erfolgter Auswahl des Stromlieferanten geht es in die Vertragsverhandlungen, in denen Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien (z.B. zu Stromabnahme- und Abrechnungsmodalitäten) meist in umfangreicher Detailtiefe zu bestimmen sind. Auch die Art des PPAs, und ob ein dritter (Energie-)Dienstleister beauftragt werden soll, muss geklärt werden. Je nach individueller Ausgestaltung des Vertrages können die Verhandlungsdauern stark variieren. Zu den bereits genannten zu klärenden Inhalten kommen z.B. auch noch Haftungsfragen, Sicherheitsabtretungen oder Bedingungen für Vertragsanpassungen hinzu.

Nach Vertragsabschluss sind im Customer Management Ressourcen bereitzustellen, die als Ansprechpersonen für den Vertragspartner bei vertragsbezogenen Anliegen zur Verfügung stehen, aber auch die eigenen unternehmensspezifischen Interessen als Vertragspartner gegenüber dem Counterpart vertreten. Außerdem muss der Vertrag unter anderem im Performance Reporting (PnL im EoD und EoM etc.), im Trade Reporting (Compliance Risk Management) und im Margining und Collateral Management berücksichtigt werden.

Das Zertifikatemangement bzgl. Herkunftsnachweisen (Guarantees of Origin) muss für Grünstrom-PPAs berücksichtigt werden. Hinzu kommen schließlich die Aufgaben zur Vertragsabwicklung (Marktkommunikation, Fahrplan- und Bilanzkreismanagement, Abrechnung).

VertragstypInitialer Implementierungsaufwand pro PPA in Personentagen (PT)Monatlicher Aufwand pro PPA für die Vertragsbetreuung in Personentagen (PT)
Merchant PPA64-160 PT9-22 PT
Corporate PPA72-223 PT9-22 PT
Abbildung 3: Aufwandsspannen für die Implementierung und Vertragsbetreuung von Merchant und Corporate PPA bei betrieblichen Stromabnehmern

Abbildung 3 verdeutlicht, dass die Aufwände, die für die Einführung und das Management von PPAs anfallen, sehr stark variieren können. Das liegt in erster Linie an den individuellen Vertragsausgestaltungsmöglichkeiten, die entsprechende Verhandlungen je nach Fall mehr oder minder komplex werden lassen können. Hinzu kommt, dass mit steigender Komplexität eines PPA außerdem der Aufwand für das regelmäßige Vertragsmanagement steigt, da beispielsweise die Anforderungen an das Risk Management und das Counterparty Engagement steigen, wenn dritte Dienstleister eingebunden werden.

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Vielen Dank an meine Co-Autoren Lukas Wackwitz und Salih Salman.

Autor

Maximilian Hübsch

Senior Manager | Energy Trading & Green Sourcing, Capgemini Invent Germany
Seit vielen Jahren berate ich eine Vielzahl an Energiehändlern und –versorgern im digitalen und prozessualen Setup und der Optimierung ihrer Trading-Landschaften. Daneben unterstütze ich unsere Kunden in der optimalen und individuellen Grünstellung ihrer Energiebeschaffung. Sind diese beiden Entwicklungen abgeschlossen, kann der Kunde mit einem flexiblen, stabilen und zukunftssicheren Trading Setup arbeiten und sich auf ein nachhaltiges und robustes Beschaffungsportfolio verlassen.

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