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Wie Generative KI die Automobilindustrie in eine Technologie-Revolution führt

Ralf Blessmann
03. Aug. 2023

Revolution oder Risiko? Künstliche Intelligenz (KI) hat längst ihren Platz in unserem Alltag eingenommen. Doch welche Potenziale und Herausforderungen sind für Unternehmen zu erwarten? Unsere aktuelle Studie beleuchtet, wie generative KI bereits heute die Industrie verändert und gibt Einblicke, worauf sich die Automobilindustrie in Zukunft einstellen muss.

Seit dem Launch von ChatGPT im November 2022 elektrisiert die generative KI-Fachleute und Laien. Generative KI bezeichnet eine spezielle Art der künstlichen Intelligenz, die in der Lage ist, selbstständig neue Inhalte zu erzeugen, indem sie aus vorhandenen Daten Muster und Informationen lernt. Im Gegensatz zur allgemeinen KI, die in verschiedenen Bereichen menschenähnliche Intelligenz besitzt, beschränkt sich die generative KI auf spezifische Aufgaben wie Textgenerierung, Bildsynthese oder Spracherkennung.


Über sämtliche Branchen hinweg werden derzeit die disruptiven Potenziale der Technologie evaluiert und erprobt. Die Automobilindustrie gehört hier zu den Vorreitern. So haben erste Hersteller wie Mercedes-Benz das Sprachmodell ChatGPT bereits in Fahrzeugmodelle implementiert, um neue verbesserte Kundenerlebnisse zu schaffen. Dass die Automobilindustrie hier Vorreiter ist, bestätigt die neuste globale Studie des Capgemini Research Institute „Exploring the Potential of Generative AI: An Industry Perspective”. 73 Prozent aller befragten Unternehmen der Branche geben an, dass sie den Einsatz generativer KI planen oder diese bereits nutzen – ein proaktiver Umgang, der die Weichen für weitere spannende Lösungen stellen wird. Gerade im Automobilbereich mit seinen verschiedenen technologischen Umbrüchen, darf die zukünftige Rolle der generativen KI keineswegs unterschätzt werden – allzu vielfältig sind die Einsatzfelder.

KI bei Führungsebene im Fokus

Die Capgemini-Studie wirft einen umfassenden Blick auf die generative KI über alle wichtigen Kernindustrien hinweg. Schon jetzt ist klar: kaum eine Chefetage diskutiert derzeit nicht über den Einsatz und die Potenziale der KI. Die Analyse zeigt, dass der Anteil weltweit bei 96 Prozent liegt und auch in der Automobilbranche ist die Quote mit 94 Prozent sehr hoch. Unternehmensstrategen müssen derzeit genau sondieren, in welchen Bereichen ein Einsatz vielversprechend sein kann. Dabei gilt es stets auch zu beachten, dass sich zwar technologische Quantensprünge und neue Kundenerlebnisse abzeichnen, die Nutzung sensibler Daten jedoch auch stets Risiken birgt und bei manchen Menschen gar Ängste schürt.

Dennoch haben bereits 40 Prozent der untersuchten Unternehmen Budgets oder gar ganze Teams für die Integration der generativen KI in zukünftige Entwicklungsprozesse abgestellt. In der Automobilbranche sind es immerhin stolze 30 Prozent. Doch welche Szenarien stehen hier derzeit besonders im Fokus?

Infotainment, Sicherheit und Vernetzung

Fast ein Viertel (24 Prozent) der Führungskräfte in der Automobilbranche gab an, dass ihr Unternehmen generative KI bereits in Design- und Customization-Prozessen austestet. Mit der neuen Technologie haben die Fachleute bei den Automobilherstellern die Möglichkeit, eigene Ideen und Modelle schneller, präziser und effizienter umzusetzen. Der Übergang von der Idee zur Umsetzung wäre für Designer deutlich kürzer – ein wertvolles Werkzeug auf dem Weg hin zu kürzeren Innovationszyklen.

Doch auch an anderer Stelle zeichnet sich ab, dass sich generative KI zum Schrittmacher der Branche avancieren könnte. 25 Prozent aller Befragten arbeiten daran, mithilfe von KI die Entwicklung autonomer Fahrzeuge zu optimieren. Etwa indem die KI Szenarien für Sicherheit und Machbarkeit generiert und testet. Auch beim maschinellen Lernen für das Training autonomer Fahralgorithmen scheinen Chancen zu bestehen. Derzeit sind das Training und die Validierung der Software sehr zeitintensiv. Large Language Models könnten eine Abkürzung bieten, da sie auch hier in der Lage sind, die Aufgabe schneller zu erledigen als Softwareingenieure.

Der derzeit naheliegendste Anwendungsfall ist jedoch die Integration von fahrzeuginternen Sprachmodellen. Damit können Nutzer so einfach wie nie zuvor mit dem Fahrzeug interagieren und völlig neue Bedienwelten erleben. Von der Wahl der individualisierten Route bis hin zum Austausch über die nächste Inspektion. Die Bindung zwischen Automobil, Marke und Käufer könnte so auf ein neues Level gehoben werden.

Darüber hinaus sehen fast 70 Prozent aller Führungskräfte den größten potenziellen Nutzen der generativen KI für die IT in ihrer Rolle als Enabler für die Förderung von Innovationen in allen Funktionen, angeführt von Vertrieb, Marketing und Kommunikation. So halten sie den Einsatz generativer KI als virtuellen Assistenten im Vertrieb und Kundenservice als das naheliegendste Zukunftsszenario und Booster für die Kundenzufriedenheit sowie die Kundenbindung.

Weichen frühzeitig stellen

Mit dem Einsatz von generativer KI gelangt eine weitere Dynamik in das Ökosystem Mobilität. Es ist absehbar, dass die Potenziale und Auswirkungen der Technologie immens sein werden. Allein schon, da führende KI-Unternehmen ohnehin die Branche als Wachstumsmarkt der Zukunft auserkoren haben. Es liegt daher auf der Hand, dass im Bereich Automotive schon bald entscheidende Impulse durch KI gesetzt werden. Die Strategen in der Industrie haben dies bereits erkannt und tun gut daran, sich frühzeitig mit den Einsatzmöglichkeiten auseinanderzusetzen.

Wenn Sie Fragen zum Thema generative KI haben oder einzelne Aspekte diskutieren möchten, sprechen Sie mich gerne an. Dieses Thema werden wir auch als eines von vielen Zukunftsthemen im Rahmen der IAA Mobility, die vom 5. bis 8. September in München stattfindet, präsentieren.

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Autor

Ralf Blessmann

Executive Vice President, Market Unit Head Automotive @ Capgemini
Ralf Blessmann hat mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in der Automotive- und IT-Industrie und arbeitete lange Zeit gesamtverantwortlich für führende Premium-OEMs. Er leitet in der deutschen Organisation als Member of the Management Board den Automotive-Sektor. Neben seiner Rolle als Automotive Head in Deutschland ist er auch gewähltes Mitglied des ITK-Ausschusses der IHK Stuttgart und hat als Dozent der DHBW Stuttgart Vorlesungen über CRM und Key Account Management gehalten.