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Digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung

Capgemini
16. März 2022

Ein Beitrag von Dr. Benjamin Schulte, Dr. Doris Förtschbeck, Michelle Hahn, Vivien Yang und Rebecca Carmen Zapf

Die öffentliche Verwaltung agiert zunehmend in einem Umfeld, in dem ständige Veränderungen und hohe Komplexität zur neuen Normalität werden. Neben verkürzten Innovationszyklen, disruptiven Technologien und hohen Erwartungen der Bevölkerung üben auch eine veränderte Arbeitswelt und der zunehmende Fachkräftemangel einen enormen Anpassungsdruck auf die Verwaltung aus. Die Fähigkeit, auf diese rasanten Entwicklungen schnell und flexibel reagieren zu können, wird unerlässlich. Gerade für die öffentliche Verwaltung stellt dies jedoch eine Herausforderung dar. So sind die bestehenden Strukturen oftmals zu starr und wenig flexibel. Eine tief verwurzelte Kultur des Ressort- und Absicherungsdenkens sowie der formalen Prozessorientierung dämpfen oftmals die Bereitschaft für Experimente und flexible Anpassung. Um Innovation voranzutreiben, ist eine Abkehr vom Silodenken sowie die Etablierung einer neuen agilen Organisationskultur notwendig, welche Eigeninitiative und Mut von Mitarbeitenden fördert. Neue Kompetenzen müssen ausgebildet sowie agile, behördenübergreifende Innovationseinheiten etabliert werden. Damit wird der Mensch zum zentralen Erfolgsfaktor für das Gelingen der digitalen Transformation.

Eine adaptive Verwaltungskultur basiert auf drei Elementen: Empower. Involve. Adapt.

Empower – Verwaltungsmitarbeitenden muss es ermöglicht werden neue Ideen zu verfolgen und neue Wege in der Problemlösung auszuprobieren. Dies kann durch das Öffnen und Schaffen von sogenannten “adaptiven Räumen“, wie z.B. Innovationslaboren, gezielt gefördert werden. ”Adaptive Räume” sind virtuelle oder physische Umgebungen, in denen das Spannungsverhältnis zwischen der Kultur der öffentlichen Verwaltung und Hierarchie einerseits und einer agilen Innovationskultur andererseits ausbalanciert wird. Sie schaffen einen Kontext, der neue hierarchiearme und spielerische Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bietet. In “adaptiven Räumen” erlernen Mitarbeitende neue Praktiken und Methoden, die es ihnen ermöglichen entlang des alltäglichen Dienstes innovative Lösungen zu verfolgen. Ein neues Führungsverständnis, das diese Räume öffnet und Mitarbeitende zu agilem Arbeiten befähigt, ist dabei ein essenzieller Bestandteil von Empowerment.

Involve – basierend auf einer durch Empowerment und persönlicher Verantwortungsübernahme gekennzeichneten Kultur kann die Anpassungsfähigkeit der Verwaltung gezielt gefördert werden. Diese Kompetenz ergibt sich aus dem Potenzial der eigenen Mitarbeitenden. Sie entsteht „bottom-up“, ist dezentral in der gesamten Organisation verteilt und ermöglicht es so, Prozesse schnell und flexibel an neue Gegebenheiten anzupassen. Agile Teams tragen neue Denkweisen, Kompetenzen und Methoden aus adaptiven Räumen in die restliche Organisation hinein.

Adapt – eine adaptive und offene Verwaltungskultur zeichnet sich dadurch aus, dass sie einerseits eine aktive Teilhabe von Mitarbeitenden fördert und andererseits sich gegenüber Bürger*innen öffnet. Verwaltungsmitarbeitende werden so über ihre unmittelbaren dienstlichen Aufgaben hinaus zu gestalterischem und unternehmerischem Handeln befähigt. In einer offenen Verwaltungskultur werden technologische Lösungen gemeinsam mit den Nutzern entwickelt. Dafür können auch die Bürger*innen im Sinne von Co-Creation und Open Innovation frühzeitig in Entwicklungsprozesse eingebunden werden.

Zur Realisierung dieser drei Elemente haben wir, basierend auf umfangreicher Projekterfahrung von der Strategieformulierung bis zur Implementierung, ein Portfolio entwickelt, um unsere Kunden auf ihrer Transformationsreise Schritt für Schritt messbar zu begleiten, beraten und bei der Umsetzung zu unterstützen. Dafür haben wir vier zentrale Felder identifiziert, die die Dimension Mensch in den Mittelpunkt stellen und in Verbindung mit neuen IT-Tools eine weite Umsetzung in der Verwaltung ermöglichen.

  1. Kulturwandel: Komplexe Organisationskulturen lassen sich nicht per Dekret verändern. Deshalb setzen wir bei der Schaffung von “adaptiven Räumen” an. Diese bilden eine Schnittstelle zwischen einer agilen Innovationskultur und der Kultur der formalen Organisationshierarchie und bieten, losgelöst von formalen Strukturen, die Möglichkeit neue Praktiken der Zusammenarbeit zu erlernen. In “adaptiven Räumen” werden neue Werte, Verhaltensweisen und Methoden anhand konkreter Projekte erarbeitet und mit den bestehenden kulturellen Elementen der Verwaltung in Einklang gebracht.
  2. Personalstrategie: In den Verwaltungen wird der Personalbedarf oftmals zu kurzfristig geplant. Angesichts der rapiden technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen sowie dem zunehmenden Fachkräftemangel ist dies nicht mehr zeitgemäß. KI-basierte Lösungen können dabei unterstützen, den Bedarf weiter im Voraus abzuleiten. Sie ermöglichen eine vorausschauende Identifizierung fehlender Profile und Kompetenzen, um notwendige Personalbeschaffungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zeitnah einzuleiten.
  3. Kompetenzentwicklung: Neue Technologien wie Prozessautomatisierung, agile Arbeitsweisen und eine hohe Serviceorientierung verändern die benötigten Kompetenzen der Mitarbeitenden in der öffentlichen Verwaltung. Damit steigt der Bedarf an hochspezialisierten Fachkräften. Die öffentliche Verwaltung zukunftsgerichtet und anpassungsfähig aufzustellen ist deshalb nur durch gezielten Kompetenzaufbau möglich. Unser Ansatz der Zukunftsakademie bietet einen modularen und skalierbaren Rahmen für die Befähigung von Mitarbeitenden und Führungskräften.
  4. Talentmanagement: Kompetente Mitarbeitende in der Verwaltung zu identifizieren, entwickeln und zu halten ist wesentlicher Faktor für einen nachhaltigen Kulturwandel. Öffentliche Arbeitgeber müssen sich darauf fokussieren, Mitarbeitenden eine positive Erfahrungen entlang der “Angestelltenreise” zu bieten und ihre Erwartungen beispielsweise an eine Work-Life-Balance oder flexible Arbeitszeitmodelle zu erfüllen. Instrumente wie Talent-Pools, Förderprogramme für zukünftige Führungskräfte oder Feedback-Tools ermöglichen es, eine agile, transparente und digitale Verwaltungskultur zu etablieren, die Eigeninitiative und Mut der Mitarbeitenden wertschätzt und fördert.

Die digitale Transformation ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess in einer von konstanter Veränderung geprägten Welt. Dafür ist eine adaptive und zukunftsfähige Verwaltung notwendig. Ein umfassender Kulturwandel ist dabei der Motor für den Erfolg. Im Zentrum dieses Wandels steht die interdisziplinäre und kooperative Zusammenarbeit, die aktive Teilnahme, Experimente und Innovation im Dienst ermöglicht. Die Mitarbeitenden in der Verwaltung müssen zu Gestaltern befähigt werden. Mit neuen Kompetenzen ausgestattet und durch konsequente Einbeziehung werden sie ihr Umfeld aktiv weiterentwickeln. Dies fördert schlussendlich die Adaptionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, um auf Herausforderungen und Veränderungen schnell und flexibel reagieren zu können.

Co-Autorinnen:

  • Doris Förtschbeck, Senior Manager Workforce Transformation, Capgemini Invent
  • Michelle Hahn, Business Analyst Public Sector, IT-Transformation, Capgemini
  • Vivien Yang, Consultant, Workforce & Organization, Capgemini Invent
  • Rebecca Carmen Zapf, Director, Workforce & Organization, Capgemini Invent

Autor*innen

Dr. Benjamin Schulte

Senior Business Analyst | Expertise: Public Sector, Innovationsmanagement, Organisations- und Kulturwandel
Als Senior Business Analyst verantwortet Dr. Benjamin Schulte digitale Transformationsprojekte im öffentlichen Sektor mit besonderem Fokus auf Innovation und technologiegetriebenen Kulturwandel. 

Rebecca Carmen Zapf

Director Workforce & Organization | Capgemini Invent Germany
Seit 2009 beschäftige ich mich mit den Themen Change Management, Leadership & New Work sowie der Transformation von Organisationen. Nach vielfältigen Stationen im In-und Ausland bin ich seit Anfang 2017 Teil des Workforce & Organizations-Team bei Capgemini Invent. Meine Projekte sind auf den Public Sector ausgerichtet und ich leite ein 20 köpfiges Team von Expert*innen. Uns verbindet die Überzeugung zu einer Verbesserung unserer Verwaltung und Demokratie beizutragen. Darüber hinaus bin ich zertifizierte Mindfulness Trainerin und habe 2020 die Initiative „InventYourself“ gegründet. Mit dieser verbinden wir bei Invent eine hohe Leistungserbringung mit einer nachhaltigen Haltung ggü. der eigenen Gesundheit.

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