Zum Inhalt gehen

Wero-Wallet: Kann Europas neue digitale Wallet den Markt erobern?

Dr. Stefan Huch
22. Aug. 2024

Ziel der neuen Payment Application Wero-Wallet ist nicht nur Zahlungen zwischen europäischen Bankkonten gebührenfrei und sicher in Echtzeit möglich zu machen, sondern künftig auch eine echte Alternative zu den bestehenden Wallets wie Paypal und den Pass-through Wallets wie Apple Pay oder Google Pay zu etablieren.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss Wero allerdings noch einige Hürden nehmen – dazu zählen:

  1. Usability
    Neben der Funktionsfähigkeit auf den relevanten Payment Instruments, den sogenannten Devices, wie Smartphones, Tablets, Wearables oder dem Desktop, muss Wero eine bessere Usebility aufweisen. Die Abwicklung in der Banking-App ist im Zeitalter von „Zero-Check-Out“-Lösungen benutzerunfreundlich und stellt einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den etablierten Playern wie Paypal dar.
  2. Mangel an Payment Cycles
    Eine weitere Hürde ist das noch fehlende Angebot verschiedener Payment Cycles, wie Buy-Now-Pay-Later-Lösungen oder Cash on Delivery in der Wero-Lösung. Die reine Peer-to-Peer-Lösung die Wero derzeit anbeitet, wird keine Nutzer zu einem Welchsel von den bestehenden Marktlösungen wie Paypal zu Wero bewegen.
  3. Ausbaumöglichkeiten
    Ein weiterer Aspekt ist der Ausbau der Multifunktionsfähigkeit durch die Integration der in Europa relevanten Payment Services, wie E-Money, Kredit- und Debitkarten, Überweisungen, Lastschriften und Instant Payment Lösungen. Wero muss quasi als eine „One-Fits-All-Wallet“ mit dem USP der Datensicherheit und der Abwicklung über die bestehenden Zahlungsnetzwerke, wie Girocard in Deutschland, fungieren.  

Marktpotenzial und Wachstumschancen für Digital Wallets wie Paypal, Apple Pay & Co.

Dass es einen wachsenden Markt für Payment Applications wie Wero gibt, verdeutlichen zwei wesentliche Faktoren:

  1. Die Wachstumsrate der Digital Wallets: So gab es in den letzten fünf Jahren einen globalen Anstieg des Transaktionswertes der Digital Wallets von ca. 15 Prozent p.a. und in Europa sogar von rund 30 Prozent p.a., laut Worldpay Global Payments Report 2022. Diese Zahlen sprechen deutlich für eine wachsende Bedeutung der Digital Wallet als Paymentmethode. Auch die Prognose desselben Reports für die nächsten Jahre scheint vielversprechend, denn in den kommenden Jahren sollen Digital Wallets die beliebteste und am schnellsten wachsende Online-Zahlungsart darstellen und bis 2025 einen Marktanteil von über 33 Prozent erreichen1.
  2. Im Online-Handel kennzeichnet das Wachstum des Netto-Umsatzes, laut Onlinemonitor 2024 des Handelsverbands Deutschland HDE, mit ca. 20 Prozent p.a. zudem den am schnellsten wachsenden Markt in Europa.

Wero zahlt auf beide Wachstummärkte ein und stellt als einzige bankengetriebene Lösung eine wichtige und auch die einzige Alternative der Digital Wallets für Kunde dar.

Vorteile der Wero-Wallet gegenüber bisherigen Bankenlösungen

Trotz der noch bestehenden Hürden bietet Wero mit Blick auf die bisherigen Bankenlösungen wie Giropay oder Paydirekt bereits drei nennenswerte Vorteile:

  1. Moderner und Innovativer Auftritt
    Wero hat aus Sicht des Marktauftritt eine klare Neupositionierung im Banking: In Anlehnung an die Marktauftritte der Neo-Banken und FinTechs werden mit dem Design und in der Kommunikation von Wero zu Beginn an direkt jüngeren Kunden adressiert, sowie die Kunden, die auch kein Banking im klassischen Sinne nachfragen und bei denen das Thema Sichheit und Schutz persönlicher Daten im Zahlungsverkehr wieder an Bedeutung gewonnen hat. Das ist insbesondere deshalb wichtig, da die Akzeptanz und somit der für Wero so wichtige Pull-Effekt im Markt über die Kunden kommt und nicht über die Händler.
  2. Bessere Abstimmung und Gewinnung der wichtigesten Privatkundenbanken in Deutschland, wie die Sparkassen
    Gab es bei Paydirekt und Giropay immer wieder Probleme in der Abstimmung zwischen den Banken bspw. durch komplizierte Vertrags- oder Riskobewertungskonstrukte mit der Folge der Ablehnung von Händlern, Unstimmigkeiten bei der Bereitschaft zu größeren Investitionen oder Rabattierungen von Händlern, kein abgestimmter europäischer Business Case, als auch einer mangelnden Marktausrichtung auf Privatkunden, scheint dies bei Wero nicht der Fall zu sein. Wero hat von Beginn an eine klare Führung und Vision sowie eine deutlich höhere Marktabdeckung, insb. durch die Teilnahme der Sparkassen, was vor allem im Hinblick auf die Gewinnung der kritsichen Masse eine bedeutende Rolle in Deutschland als auch in Europa spielt.
  3. Wero als Enabler für die E-Commerc-Lösung nationaler Zahlungslösungen wie der Girocard
    Der wohl wichtigste Vorteil von Wero in Deutschland ist, der Push der Girocard in den Online-Handel. Davon profitieren alle Banken des Gironetzwerkes. So nimmt die Girocard aktuell zwar mit ca. 42 Prozent Umsatzanteil und 29 Prozent Transaktionsanteile am deutschen Einzelhandel in 2023 eine wichtige Rolle in stationären Handel ein, nur die Barzahlung liegen deutlich vor der Girocard, jedoch spielt die Girocard im E-Commerce noch keine Rolle. Auf den Punkt gebacht, die Girocard ist im E-Commerce bedeutungslos.

Wero kann diese Schwierigkeiten der Girocard überwinden und als Wero-Wallet die Girocard auf jedem Device als präferierten Zahlungsservice in Deutschland für den Einsatz im E-Commerce, also auch POS, hinterlegen. Das heisst, das die Girocard stets als erstes Zahlungsinstrument in der Wallet genutzt wird. Nur wenn die Akzeptanz der Girocard nicht möglich ist, folgt das jeweils altenative Zahlungsistrument des Kunden. Dazu muss Wero jedoch einen klaren Kundenvorteil gegenüber bspw. Apple-Pay vorweisen, warum sonst, sollte der Kunde anstelle des automatischen Pop-Ups der Apple-Wallet erst Wero aktivieren.

Die Herausforderung der Wero-Wallet

Der Wettbewerb mit den bestehenden Digital Wallets wie Paypal, Apple Pay oder Google Pay bleibt und wird die größte Herausforderung für Wero sein. Darüber hinaus ist die Akzeptanz bei Nutzern wie auch bei Händlern, insbesondere im E-Commerce, sowie die Bereitschaft der Kunden, Wero in möglichst vielen Zahlungsanwendungen zu nutzen, erneut ein Schlüsselkriterium, was bisher noch nicht erfüllt ist. Daher sind die folgenden vier nächste Schritte für den Erfolg von Wero unabdinglich:

  1. Verbesserung der Funktionalität: Die teilnehmenden Banken und somit natürlich Wero selbst müssen neben der aktuellen Peer-to-Peer Lösung in der Banking-App möglichst schnell die digitale Wallet, wie Paypal oder Apply Pay, auf den Markt bringen. Nur so besteht die Chance auf eine wettbewerbsfähigkeit. Darüberhinaus sollten zusatzliche Funktionen angeboten werden, wie Tap to Pay, Fastlane, Smart Receipts, NextGen Business oder Tokens, um auch Wettbewerbsvorteile zu generieren.
  2. Klarer Fokus auf den USP und die Usability: Wero muss als erstes die Akzeptanz beim Kunden generieren. Dazu muss Wero besser seine USP wie die Datensicherheit oder eine verbessertes Usability im Vergleich zu Paypal aufführen. Die In-App Lösung ist allenfalls ein nettes Gimmick, aber keine intuitive bzw. benutzerzentrierte Lösung.
  3. Investitionsbereitschaft sicherstellen: Es bedarf hoher Investionen in die Anbindung und die Promotion (schätzungsweise bis zu 100 Millionen Euro), um die Akzeptanz bei den Top-10 Online-Händler pro Land in der EEA zu sichern. Den Fokus zunächst auf die Akzeptanz bei Behörden zu legen, wäre ein Fehler, da dies nicht für die kritische Masse am Markt ausreicht und das Risiko besetht, dass dieser Weg die Attraktivität der Zahlungslösung bei den Fokuskunden mindert.
  4. Die Ausbau der Partnerschaft mit Apply Pay: Girocard als auch Wero müssen die präferierten Zahlungsmethoden in den teilnehmenden Ländern auf dem iPhone sein. D.h. auf dem iPhone muss Wero setst als erste Zahlungs-Application im POS und im E-Commer auftreten. Weiterhin könnt zudem in der Apply Wallet immer zu erst die Girocard gefragt und diese als präferierte Zahlungsmethode hinterlegt sein. Es muss dem Nutzer also möglich sein, Wero stets als präferierte Wallet am POS und E-Commerce festzulegen, nur so kann die kritische Masse innerhalb der nächsten 2-3 Jahre erreicht werden.

Sind diese vier Punkte erstmal erfüllt, bietet Wero viele Chancen, wie erstens die Positionierung der Banken in einem für sie wichtigen Markt, der derzeit noch nicht für Banken existiert, zweitens stabile Einnahmen aus dem Non-Cash Payment Geschäft oder drittens die Möglichkeit, die drohende Bedeutungslosigkeit nationaler, bankengetriebener Zahlungsverfahren im E-Commerce abzuwenden. Der erste Schritt ist erfolgreich absolviert, jetzt müssen die Banken und Wero dringend nachlegen und das mit klarem Fokus.

  1. Richter, Bernd. Der M-Commerce wird zum Wachstumstreiber digitaler Wallets. In: cards Karten cartes 2/2022, S. 81. ↩︎

Blog-Updates per Mail?

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle zwei Monate eine Auswahl der besten Blogartikel.

Autor

Dr. Stefan Huch

*Senior Director | Invent Germany
Stefan Huch ist Experte für Cards & Payments bei Capgemini Invent.